Der Eck und der Küfer

Vor langen Jahren, als es noch keine Eisenbahnen gab, war es Sitte, daß die jungen Handwerksgesellen, ehe sie sich als Meister niederließen, einige Jahre auf die Wanderschaft gingen, hier und dort arbeiteten und auf diese Weise Land und Leute kennen lernten.
So ging auch einmal ein junger Bursch namens Wilhelm aus Reinhardshausen auf die Wanderschaft. Er war das einzige Kind seiner Eltern und hatte die Küferei erlernt. Lange Jahre durchwanderte er die Welt. Inzwischen waren seine Eltern gestorben, ohne dass die Kunde zu ihm gelangte. Seine nächsten Verwandten nahmen Besitz von seinem Hab und Gut und, als er so lange ausblieb, dachten sie er sei in der Fremde gestorben, und fühlten sich schon als Herren seines Erbes. Dann endlich begab sich Wilhelm, nachdem er sieben Jahre lang der Heimt ferngeblieben, auf die Heimreise. Dabei kam er auch auf die alte Burg (Schloss Waldeck).

Er sang dort ein Lied, das der Eck hörte und dem es gut gefiel. Jedoch hatte der Eck seine Nebelkappe, die ihn unsichtbar macht, verloren. Wilhelm sah den Zwerg neben sich stehen, der so sonderbare Bewegungen machte, daß Wilhelm hell auflachte. Das wiederum gefiel dem Eck nicht und er merkte, dass er seine Nebelkappe verloren hatte. Sie war in die Äste eines Baumes geweht worden. Wilhelm holte sie dem Eck vom Baum herunter und bekam dafür einen Kristallbecher geschenkt. Den solle er bei sich tragen, wenn er zu einem Brunnen ginge, sagt ihm der Eck.

Wilhelm ging nach Hause, wo seine Verwandten nicht sehr erfreut von seiner Rückkehr waren. Die Verwandten wollten ihn wieder loswerden und schickten ihm am anderen Morgen zu einen Brunnen um von dort Wasser für die Genesung seiner Tante zu holen. Sie wussten aber, dass dort ein bösartiger Hund war, der jeden sofort anfiel und zu Tode biss. Hier kam Wilhelm dann das Geschenk von dem Wichtelkönig Eck zu gute und er kam wohlbehlaten wieder zurück nach Hause. Allerdings hatte er bemerkt, dass man ihn nichts Gutes wollte und so jagte er seine Verwandschaft aus seinem Haus und sie durften nichts mitnehmen. Wilhelm machte sein Meisterstück und stellte noch manches Weinfaß an der Eder her, denn damals wurde dort noch viel Wein gebaut.
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Der Ursprungs Text, der hier nur skizzenhaft wiedergegeben ist, stammt aus: „Aus der waldeckischen Heimat, Heft 1, Seite 10-13, Erzählung nach Alexander Opper, Alt-Waldeck.
Diese Sage ist auch in der Heftreihe "Waldecker Geschichten" und dem Märchenbuch "Wichtelkönig Eck" in der Langfassung zu finden.